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Behandlung von Sportverletzungen mittels transarterieller Embolisation

Es muss nicht immer eine Wunde, Verstauchung, Zerrung oder Prellung sein. Sportverletzungen zeichnen sich meist dadurch aus, dass ohne spezielles traumatisches Ereignis die fortgesetzte Überbeanspruchung von Knochen, Muskeln und Sehnen zu teils erheblichen Beschwerden führt. Gerade im Leistungssport, aber auch beim Sport in der Freizeit oder beim regelmässigen Training ist eine schnelle Erholung unbedingt wünschenswert. Eine noch recht neue, aber bereits vielfach bewährte Methode zur Behandlung von Sportverletzungen ist die transarterielle Embolisation (TAE). Ihr „Erfinder“, der japanische Experte Dr. Yuji Okuno, beschreibt in einer seiner zahlreichen Veröffentlichungen, wie diese bahnbrechende Therapie bei einer ganzen Reihe von Sportverletzungen schnell und zuverlässig hilft.

Was zeichnet Sportverletzungen aus?

Prellungen, Zerrungen oder Verstauchungen werden häufig mit Verletzungen im Sport assoziiert. Sie sind aber nicht die häufigsten Arten von Sportverletzungen. Sportlerinnen und Sportler sehen sich häufig mit Verletzungen konfrontiert, die sie zu einer Pause zwingen, aber nicht Folge eines konkreten Läsion sind. Anders als viele andere Verletzungen ist eine konkret als „Sportverletzung“ bezeichnete Verletzung nicht auf ein einzelnes traumatisches Ereignis zurückzuführen. Wesentlich häufiger sind die typischen Verletzungen im Sport die Folge einer wiederholten mechanischen Belastung und Überbeanspruchung des muskuloskelettalen Systems (Muskel-, Sehnen-, Bänder- und Knochen-System). In erster Linie betroffen sind die Sehnen. Man spricht hier von einer Tendinopathie, einer primär nicht-entzündlichen Sehnenerkrankung. Diese äussert sich in der Regel durch folgende Symptome:

  • Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im betroffenen Gelenk
  • Druckschmerz
  • erhöhte Sehnenspannung
  • Schwellungen
  • oft auch tastbare Verdickungen der Sehne

Im weiteren Verlauf können Entzündungen hinzukommen, die auch eine chronische Ausprägung annehmen können. Sichern lässt sich die Diagnose mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall (Sonografie), Röntgen und gegebenenfalls MRT, mit der sich pathologische Veränderungen am besten feststellen lassen.

Warum sind Verletzungen im Sport so schmerzhaft?

Typisch für Sportverletzungen sind Mikroverletzungen des Bindegewebes, insbesondere der Sehnen. Um diese winzigen Verletzungen zu reparieren, bildet der Körper neue Kapillaren (Neovaskularisation), die in der Umgebung einwachsen. Die erhöhte Blutversorgung begünstigt allerdings auch die Anflutung von Abwehrzellen und entzündungsfördernden Botenstoffen. Dadurch kommt es letztlich zu einer Entzündung und dem typischen Schmerz bei Bewegung oder Druck. Diese kann den Abbau von Knorpel auslösen; zugleich werden die neugebildeten Blutgefässe von parallel verlaufenden Nervenfasern begleitet, die die Schmerzen zusätzlich verschlimmern.

Wie werden Sportverletzungen normalerweise behandelt?

Überbeanspruchung heisst, dass in der Akutphase eine Schonung des Gelenks empfehlenswert ist und eine weitere Überbelastung vermieden werden sollte. Hinzu kommt die Einnahme von Schmerzmitteln (Analgetika) wie nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR), etwa Diclofenac oder Ibuprofen. Je nach Verletzung kann auch Kühlen (Eis, Kühlpacks oder Kryoverfahren) oder eine Wärmebehandlung den akuten Schmerz und die Schwellung lindern. In Extremfällen kann auch die Injektion von Glukokortikoiden zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung bei sportlich bedingten Verletzungen eingesetzt werden. In der Spätphase sieht die konservative Behandlung zumeist eine Physiotherapie und/oder Stosswellentherapie vor.

Was versteht man unter transarterieller Embolisation?

All diesen konservativen Methoden zur Behandlung einer Sportverletzung ist gemein, dass sie recht langwierig sind. Dagegen verschafft eine transarterielle Embolisation, auch Gelenkembolisation genannt, oft bereits unmittelbar nach der Behandlung für eine schnelle Schmerzlinderung, sodass das betroffene Gelenk bereits nach kurzer Zeit wieder belastet werden kann.

 

Bei der transarteriellen Embolisation (TAE) handelt es sich um ein mikroinvasives Verfahren, das vor einigen Jahren in Japan von Dr. Yujo Okuno entwickelt wurde. Damit lassen sich die Neovaskularisationen beseitigen, die für Entzündungen und Schmerzen verantwortlich sind. Dazu verschliesst man der Arzt unter Kontrolle im Röntgenbild über einen kleinen Einstich mit einem Mikrokatheter die pathologischen Gefässe mit eingeschwemmten Mikropartikeln, sodass die Kapillaren ebenso wie die begleitenden, schmerzleitenden Nervenfasern absterben. Entzündungen und Schmerzen lassen in den meisten Fällen bereits nach extrem kurzer Zeit deutlich nach.

Diese Sportverletzungen können mit transartieller Embolisation erfolgreich behandelt werden

Dr. Okuno beschreibt in seiner Veröffentlichung zehn Einzelfälle („case reports“) zum Erfolg der transarteriellen Embolisation bei verschiedenen sportbedingten Verletzungen. Für die Behandlung nutzte er ein leicht lösliches und biologisch resorbierbares Material aus 100–300 µm grossen Mikrosphären aus Gelatine (Nexsphere-F). Der Behandlungserfolg, gemessen an Schmerzlinderung und verbesserter Beweglichkeit, wurde nach 1, 3, 6 und 12 Monaten dokumentiert, die Situation bildgeberisch im MRT überprüft. 

Frontale Röntgenaufnahme eines Fusses vor der Behandlung der Sportverletzung

Bereits zwei Tage nach der Behandlung konnten die Patienten erste leichte, nicht schmerzhafte Übungen durchführen.

 

Sicherlich sind die hier beschriebenen Fälle nur die „Spitze des Eisbergs“, wo die transarterielle Embolisation zur Behandlung einer Sportverletzung eingesetzt werden kann. In den nächsten Jahren werden sich noch mehr Anwendungsgebiete ergeben, in denen die moderne mikroinvasive Behandlungsmethode schnell und zuverlässig helfen kann.

 

Der Grund: Die TAE funktioniert voraussichtlich bei allen neugebildeten pathologischen Gefässen und Nervenfasern, wie sie für sportbedingte Mikroverletzungen typisch sind.

Aufnahme der Arterien im Fuss sowie Röntgenaufnahmen der Entwicklung nach der Behandlung

Patellaspitzensyndrom

Das Patellaspitzensyndrom (Chondromalacia patellae) wird umgangssprachlich als Jumper’s Knee (Springerknie) bezeichnet. Äusserst treffend, denn gerade bei Läufern kommt es häufig durch Überlastung zu chronischen Schmerzen an der Patella-Spitze, dem unteren Pol der Kniescheibe. Aktivitäten, die das Knie belasten, werden durch die Entzündung der Patellarsehne zu einer ausgesprochen schmerzhaften Angelegenheit. Zu diesen Aktivitäten zählen beispielsweise Sitzen mit überkreuzten Beinen oder Treppensteigen.

Hochspringerin beim Sprung

Pes anserinus-Tendinopathie

Der Pes anserinus, auf Deutsch „Gänsefuss“, ist eine Struktur im Innenknie, dessen Sehnen die Muskeln des Oberschenkels mit dem Schienbein verbinden. Diese sind für die Stabilität des Kniegelenks massgeblich mit verantwortlich. Beim Pes anserinus-Syndrom kommt es zu Schmerzen im Innenknie, die sich beim Laufen, Springen oder Treppensteigen weiter verschlimmern und die Beweglichkeit des Knies schmerzhaft einschränken.

Mann mit Schmerzen im Innenknie bei Pes anserinus Tendinopathie

Plantarfasziitis

Die Plantarsehnen-Tendinopathie führt zu einer schmerzhaften Entzündung der Plantarsehne, einer ausgedehnten Sehnenplatte in der Fusssohle, die Fussballen und Fersenbein verbindet. Ursache der Schmerzen in diesem Bereich ist meistens eine Überbeanspruchung durch langes Gehen, Stehen oder Laufen, was die Plantarfasziitis zu einer typischen Sportverletzung von Läufern macht.

Mensch hält sich die Ferse bei einer schmerzhaften Entwündung

Triangular Fibrocartilage Complex Injury (TFCC)

Im Deutschen bezeichnet man eine Verletzung im triangulären fibrokartilaginären Komplex des Handgelenks kurz als Discus Triangularis-Läsion. Typisch für TFCC-Verletzungen sind Schmerzen bei Drehbewegungen des Handgelenks, etwa beim Auswringen von Wäsche. Dabei handelt es sich um einen Schaden an der aus Faserknorpel und Bändern bestehenden dreieckigen Verbindung zwischen Elle, Speiche und Handwurzel. 

Person hält sich das schmerzende Handgelenk

Diese ist für die Stabilität und Beweglichkeit des Handgelenks extrem wichtig. Unbehandelt besteht das Risiko, dass durch die mangelnde Durchblutung das Mondbein (Os lunatum) abstirbt. Dies führt zu einem irreparablen Schaden in der Handwurzel, wodurch die Hand nur noch eingeschränkt nutzbar bleibt.

Hamstring-Tendinopathie

Hamstring ist die englische Bezeichnung für die rückseitige Oberschenkelmuskulatur (ischiocrurale Muskulatur), die für die Beugung des Knies und die Streckung der Hüfte verantwortlich ist. Diese Verletzung tritt besonders häufig bei Läufern und Fussballspielern auf. Typisch ist ein schmerzhaftes Ziehen oder Brennen im hinteren Teil des Oberschenkels beim Laufen, Springen oder Treppensteigen.

 

So etwas kann durchaus häufiger auftreten und zum steten Begleiter werden: Als besonders schwerer Fall wurde in der Okuno-Studie ein 23-jähriger professioneller Fussballspieler behandelt, der innerhalb eines Jahres sechs solcher Hamstring-Tendinopathien erlitten hat. Hier wird der geradezu umwerfende Therapieerfolg besonders deutlich: Bereits zwei Monate nach der transarteriellen Embolisation konnte der junge Mann wieder in der japanischen Fussballliga mitspielen, und in den nachfolgenden sechs Jahren trat keine erneute Tendinopathie auf.

Läuferin im Sprint

Entzündung des Kniescheiben-Fettkörpers (IPFP-Entzündung)

Der Kniescheiben-Fettkörper (auch Infra-Patellar Fat Pad, IPFP; Corpus adiposum infrapatellare, Hoffa‘scher Fettkörper) ist einer der drei vorderen Fettkörper des Kniegelenks. Er sitzt als pyramidenförmiger verformbarer Platzhalter und Stossdämpfer zwischen Oberschenkelknochen (Femur), Schienbein (Tibia) und Kniescheibe (Patella). Sportbedingte Überbelastung führt zu einer Entzündung des Hoffa‘schen Fettkörpers, die mit starken Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit einhergehen.

Beine von Läufern an der Startlinie

Achillessehnen-Tendinopathie

Die fingerdicke Achillessehne ist die kräftigste Sehne des Körpers und verbindet die Wadenmuskulatur mit dem Fersenbein. Fürs Gehen ist sie absolut unverzichtbar. Laufen, Springen oder Wandern können zu einer Überbelastung und damit zu einer Achillessehnen-Tendinopathie führen. Diese äussert sich durch Schmerzen im Bereich des unteren Wadenbeins und verschlimmert sich bei fortwährender Belastung weiter. Im Extremfall droht ein Achillessehnen-Riss, der sich nur noch operativ behandeln lässt und zu langen Ausfallzeiten führt.

Als entzündet markierte Achillessehne

Jones-Fraktur

Die Jones-Fraktur bezeichnet einen nahe an der Basis des fünften Mittelfussknochens (Os metatarsale V) lokalisierten Knochenbruch, der nur selten zu einer Verschiebung führt. Trotzdem ist diese Fraktur kritisch, denn an dieser Stelle ist die Blutversorgung von Natur aus relativ schlecht, sodass die Heilung nur sehr verzögert voranschreitet. Oft muss der Fuss für mehrere Wochen in Gips ruhiggestellt werden, eine schnelle Regeneration ist praktisch nur durch eine operative Verbindung der Fragmente (Osteosynthese) möglich.

Ärztin deutet auf die Röntgenaufnahme eines Fusses

Lumbale Spondylose

Spondylose oder Spondylarthrose nennt man einen Verschleiss der Wirbelkörper, insbesondere im Bereich der Facettengelenke (Facettensyndrom). Diese verbinden die einzelnen Wirbel miteinander. Die Belastung ist durch den aufrechten Gang lumbal, also im Lendenbereich, am höchsten. Dadurch ist eine Sollbruchstelle vorgegeben, in der infolge einer Überlastung durch körperliche Aktivitäten besonders häufig eine Sportverletzung auftritt. Die damit einhergehenden Rückenschmerzen können in die Beine ausstrahlen und zusätzliche neurologische Beschwerden auslösen.

Frau sitzt mit Rückenschmerzen auf dem Bett

Bei den genannten Formen der Sportverletzung kann die Behandlung mittels transarterieller Embolisation signifikante Erfolge erzielen. Gerne berate ich Sie im Rahmen meiner Sprechstunde, ob die TAE auch in Ihrem Fall angewendet werden kann.


Dr. Susanne Constantinescu: Ihre Spezialistin für die Behandlung von Sportverletzungen

Sport ist Mord? Auch wenn es sich manchmal so anfühlt – gerade was die genannten Sportverletzungen angeht kann ich Ihnen möglicherweise helfen. Ich bin Dr. Susanne Constantinescu, eine interventionelle Radiologin, die die beschriebene Technik der transarteriellen Embolisation in Tokio bei Dr. Okuno persönlich erlernt hat. In meiner Praxis in Bern habe ich mich auf diese Form der Mikrotherapie spezialisiert und wende diese unter anderem erfolgreich an, um Sportverletzungen zu behandeln.

 

Habe ich Ihr Interesse geweckt und denken Sie über eine Behandlung Ihrer Sportverletzung oder sportlich bedingter Beschwerden nach? Rufen Sie mich einfach an oder schreiben Sie eine E-Mail an mit-gelenk@hin.ch. Im persönlichen Gespräch können wir herausfinden, wie ich Ihnen helfen kann und gemeinsam eine Behandlungsstrategie entwickeln. Ich freue mich auf Ihre Anfrage.



Quellen, Links und weiterführende Literatur

 

Besprochene Publikation:

Weitere wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Sportverletzungen

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